Hobbies

Das Thema Hobbies ist bei Autisten oftmals nicht ganz einfach. Vielfach liest man von „Spezialinteressen“, also ein Gebiet, worin sich der autistische Mensch schnell zum Experten entwickelt, alle darüber informiert und belehrt (egal, ob gewünscht, oder nicht), usw.

Früher habe ich viel gelesen, seit ich lesen konnte. Als Kind habe ich eigentlich alles mögliche gelesen, was mir in die Finger kam. Gerne auch Sachbücher, wie ein riesiges Medizinbuch (welches laut meiner Mutter eins meiner ersten Lektüren und seither auch mein Lieblingsbuch waren – so mit 4 bis 5 Jahren schon etwas seltsam), alte Schulbücher, neue Schulbücher, usw.

Natürlich waren auch Jugendbücher wie Hanni und Nanni, Bille und Zottel und wie sie alle heißen dabei. Mit dem Lesen ging das eigentlich bis so Mitte/Ende 20 weiter und hörte auf, als ich viel lesen musste, für das Erst-/Zweitstudium beispielsweise.

Mit 5 Jahren begann dann auch meine „Musik-Karriere“. Ich habe erst Blockflöte gelernt, brauchte dann schnell Einzelunterricht, weil ich zu schnell für den Rest war und als ich fast auf dem Niveau meiner Lehrerin war, bin ich auf Orgel gewechselt. Mit 14 Jahren kam dann noch das Cello dazu und mit etwa 20 Jahren die Chorleiterausbildung.

Musik habe ich bis ich 30 war gemacht. Die ganzen musikalischen Aktivitäten haben nahezu jeden Tag bestimmt. 2 Tage pro Woche mit dem Chor in Gottesdiensten gesungen, 1 Tag Chorprobe, 1 Tag Chorprobe und die Auftritte vorbereiten, 1 Tag Ensemble-Probe, 1 Tag Orchesterprobe oder ein Chor, wo ich selbst mitgesungen habe. Irgendwas war eigentlich immer. Umso seltsamer war es, als ich damit aufhörte.

Danach habe ich mich viel mit Fußball und Sport beschäftigt. Beides auch aktiv, aber beim Fußball doch überwiegend als Zuschauer und Fan.

Außerdem habe ich nebenbei studiert, einfach, weil ich Spaß dran hatte. Das kann also auch ein Hobby sein.

Seit es mobile Endgeräte gibt bin ich aber zunehmend darauf in meiner Freizeit umgestiegen. Und als dann Mann, Haus und Hof dazu kamen, war dann außer daddeln und fernsehen nicht mehr so viel Zeit. Alles gemeinsam in Schuss zu halten kann ja auch ein Hobby sein.

Außerdem kam dann ja sehr schnell der Krebs dazwischen. Im Garten bin ich nun noch weniger einsatztauglich, weil es mit Lymphödem überwiegend zu gefährlich ist.

Leider kann ich seit der Krebsdiagnose nichts mehr lesen. Die Augen funktionieren und beherrsche das Lesen auch noch, aber ich habe eine totale Abneigung entwickelt. Mir wurde anfangs sogar übel beim Gedanken daran. Zu mehr, als mal einen Artikel im Internet oder in einer Zeitschrift reichte es nicht.

Es hat lange gedauert, bis ich nun wieder ein paar Hobbys habe. Zwangsweise ist es zum Einen der Sport. Er ist wichtiger Bestandteil einer jeden Rezidivprophylaxe und beugt auch Osteoporose etc vor, wofür ich ja leider auch ein erhöhtes Risiko habe.

Außer dem Sport klimper ich seit letztem Jahr wieder auf der Gitarre oder dem Klavier herum und seit ein paar Wochen versuche ich mich im Zeichnen – genauer im Doodeln und im Malen mit Pastellkreiden.

Insgesamt muss ich sagen, dass mir ruhige Hobbys schon immer mehr lagen. Als Kind und auch heute noch. Ein bisschen was mit anderen Menschen – okay – aber die muss ich dann gut kennen und allzu viele sollten es auch nicht sein.

In der Zeit zwischen 20 und 30 habe ich viel Chorleitung gemacht und war sehr oft freitags nach Feierabend nur noch fürs im Bett liegen, ggf. ein Film anhaben, aber sonst zu nicht viel mehr in der Lage. Rückblickend muss ich sagen, waren diese ständigen sozialen Situationen viel zu viel für mich und ich denke, wenn es nicht so geendet wäre, wie es passierte, wäre ich über kurz oder lang in ein saftiges Burnout gelaufen.

Ich beobachte auch bei anderen Autisten, dass ruhige Hobbys häufiger vorkommen. Vieles, was alleine oder fast alleine geht. Lesen ist eigentlich immer mit auf der Liste. Und da dann über Spezialgebiete, die ich gar nicht sooo viel bzw. intensiv hatte.

Wilde Spiele mit Toben, Gekreische und Ähnlichem sind, wie ich zumindest finde, bei reinen Aspie-Kindern eher unüblich (falls nicht noch ADHS o.ä. dabei ist). Und sehr viel Action gibt’s auch bei erwachsenen Aspies eher nicht. Der betriebene Sport ist eher etwas zum alleine betreiben.

Ich hoffe, irgendwann wieder mehr zu lesen und unternehme regelmäßig Versuche, aber bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Aber ich bleibe dran!

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