Ich glaube, ich habe schon des öfteren davon berichtet, dass eine Krebserkrankung bei vielen Menschen den Wunsch oder Drang, etwas zu verändern hervorruft.
Wenigstens ist das mein Eindruck von Gespräche mit einigen anderen Krebspatienten.
Nun steht dies im diametralen Gegensatz zu einem typischen Verhalten und Wunsch eines Autisten.
Grundsätzlich rührt der Wunsch des Krebspatienten zumeist daher, dass man sich einen tieferen Sinn, als einfach nur „Pech“, hinter dem „Schicksal“ einer Krebserkrankung erhofft. Oder man nimmt es zum Anlass, den Einschnitt ins Leben nicht nur auf die Gesundheit bezogen zu lassen, sondern gleich auch noch andere Dinge, die ohnehin schon störten, zu verändern. Oft bezieht sich das auf die Arbeit – wenn man sowieso gerade nicht arbeiten kann, reflektiert man eher darüber. Einige der noch im Berufsleben stehenden Patienten wechseln gezielt ihre Tätigkeit, die sicherlich größere Zahl muss den bisherigen Job aufgeben oder reduzieren, wie auch ich.
Ich habe auch schon von mehr oder weniger krassen Einschnitten im Privatleben gehört. Von Trennungen, die nicht immer nur (aber das gibt’s auch) vom Partner des Krebspatienten ausgehen, von Plänen auszuwandern oder – und das dürfte des Öfteren der Fall sein – von neuen Freundeskreisen bzw ein „Aufräumen“ der Kontakte.
Viele stellen das bisherige Leben, Entscheidungen, vergrabene Träume, usw. auf dem Prüfstand. Meiner Meinung nach allerdings insbesondere dann, wenn man ohnehin mit irgendetwas unzufrieden ist.
Ein Stück weit kann ich allerdings den Wunsch nach selbstgewählter Veränderung das nachvollziehen. Durch die Erkrankung und ihre Folgen ändert sich doch mehr, als ich dachte – was bestimmt auch nicht nur mir so geht. Und wenn man in einige Veränderungen gezwungen wird, fühlt es sich besser an, durch eine gewünschte Veränderung dem ganzen einen „gewollten“ Anstrich zu verpassen.
Nun stellt sich mir die Frage, ob ich die Gelegenheit nicht auch nutze, etwas zu verändern – Aspie hin oder her. Ich meine – ich habe ja bereits während der Chemo etwas insofern etwas verändert, als dass ich geheiratet habe. Nur hätten wir das mutmaßlich inzwischen ohnehin getan.
Was kann man noch so verändern? Hobbies? Job? Sport? Freunde? Urlaubsgewohnheiten?
Mit meinem Job war /bin ich zufrieden. Mir gibt das, was ich gemacht habe, ein gutes Gefühl, weil ich es beherrsche und merke, dass ich etwas schaffe. Mir gefällt „meine“ Firma und unser Chef ist auch super. Es ist alles recht familiär und man kann in Ruhe arbeiten, ohne mit irgendwas genervt zu werden. Es gibt eine flache Hierarchie und sehr viele Freiheiten. Dazu stimmt die Bezahlung. Einziges Problem ist, dass ich zu Projekten als One-Man-Show, wie bisher, nicht mehr in der Lage bin. Meine Ausdauer, Leistungsfähigkeit und Konzentration reichen nicht. Ich habe schon Ideen, was ich machen könnte, ohne direkt „an der Front“ (= hauptverantwortlich beim Kunden) zu sein und was mir auch Spaß machen würde. Aber ob das so in das Gefüge der Firma passt? Nun ja, ist ja noch Zeit, das zu klären. Erstmal muss ich überhaupt in der Lage sein, wieder zu arbeiten. Derzeit sehe ich das in absehbarer Zeit noch nicht. Nach 30 Minuten Konzentration werde ich ziemlich müde und muss mich mindestens hinlegen, meist auch kurz schlafen. Deshalb könnte ich auch mein unterschwelliges Wunschstudium nicht nachholen. Wobei mich das echt reizen würde. Aber alleine die nötigen Vorpraktika – mit meinem Lymphödem überhaupt nicht vereinbar – auch ohne Fatigue.
Sport ist an sich ja eh Pflichtprogramm für (Ex-) Krebspatienten. Das beißt sich einerseits ein bisschen mit der Fatigue, andererseits soll es auch dagegen helfen. Mein aktuelles Programm sieht nunmehr alle 2 Tage morgens Laufen vor und einmal pro Woche Rehasport. Das Programm ist noch zu optimieren, aber es ist ein Anfang und ich hoffe, dass es diesmal auch durchzuhalten ist.
Damit sind wir auch schon bei den Hobbies. Mir gefällt es mittlerweile wirklich wieder, morgens laufen zu gehen. Leider ja nur jeden zweiten Tag, aber an den anderen Tagen vermisse ich es fast schon. Und das nach nur vier Wochen! Jedenfalls würde ich Laufen derzeit tatsächlich als Hobby bezeichnen – aber fragt mich Ende November nochmal 😉
Ansonsten geht nicht viel. Ich probiere seit drei Jahren (da hatte ich ja auch viel Zeit) das Eine oder andere aus, aber der ultimative Burner war noch nicht dabei.
Mein Freundeskreis hat sich nicht signifikant verändert. Eine neue Freundschaft ist dazu gekommen durch die Chemo, manche Kontakte sind etwas abgeflacht, aber das unterliegt normalen Schwankungen. Ich würde da allerdings gerne wieder einiges intensivieren. Mit mehr Muße geht das auch bestimmt wieder. Ich arbeite daran.
Die Art des Urlaubs hat sich auch etwas geändert. Durch das gestiegene Thromboserisiko ist mein Verlangen nach Flügen gesunken. Und da es ohnehin unökologisch ist und mein Mann auch nicht gerne fliegt… Allerdings juckt’s mich manchmal schon in den Fingern. Es gäbe sooooo viele Fleckchen Erde, die ich mir gerne ansähe!
So privat – also meinen Mann behalte ich (und er mich hoffentlich auch), mit Haus und Hof bin ich auch zufrieden, da gibt es nur was zu verändern, wenn der Junior irgendwann kein Zimmer mehr braucht und die Veränderung beschränkt sich dann auch auf (s)ein Zimmer…
Tja, Vorschläge? Ich meine, niemand zwingt mich zu einer Veränderung. Aber es wäre gerade echt ’ne gute Gelegenheit und vielleicht redet mir der Aspie in mir ja auch nur ein, dass dieses und jenes nicht geht.
Ich bin jeden offen für Ideen 🤗