Meine Erwartungen an Ärzte

Ich bekomme gelegentlich Berichte über das Medizinstudium von einer Freundin. Und an vielen Stellen bin ich erschüttert, was Mitstudenten für Einstellungen haben – und zuweilen sicher auch die Lehrenden.

Das brachte mich zum Nachdenken, was ich von Ärzten erwarte. Immerhin habe ich im letzten Jahr auch meinen Hausarzt gewechselt – und zwar freiwillig aufgrund Unzufriedenheit.

Ich erwarte von einem Arzt zunächst einmal, dass er sich ein bisschen in die Krankengeschichte einliest. Die ist nun bei mir etwas umfangreicher – aber das ist ja zumeist auch die Ursache für den Arztbesuch. Und möglicherweise bringt es auch differentialdiagnostisch etwas, also dahingehend, dass verschiedene Probleme dieselbe Ursache haben könnten.

Dann erwarte ich, dass nicht nur die Symptome behandelt werden, sondern nach der Ursache gesucht wird. Beispiel: wenn ich Rückenschmerzen habe, will ich wissen, warum und etwas gegen den Auslöser machen (lassen), und keine NSAR futtern oder gespritzt bekommen.

Ich erwarte, dass Symptome Ernst genommen werden und nicht alles auf die Psyche geschoben wird, nur weil ich eine Frau oder eine Krebspatientin bin. Ohne Witz: mein vorheriger Hausarzt ist so einer. Mit Psychopharmaka ist der ganz schnell…

Trotzdem möchte ich, dass ich auch als Mensch insofern wahrgenommen werde, als dass schwerwiegendere Erkrankungen bzw ihre Behandlung eben auch Folgen haben. Beispiel: Die Behandlung meines Krebs‘ hat viele Auswirkungen auf mein tägliches Leben. Mein Darm ist z.B. derartig träge geworden durch die Chemo, dass ich Mittelchen nehmen muss, um nicht eine weitere Baustelle buchstäblich aufzureißen. Meine Schleimhäute sind überall derartig trocken, dass ich ständig tropfen (Augen) oder schmieren (überall anders) muss. Das alles beeinträchtigt die Freizeitgestaltung (z.B. Zugluft/Luftfeuchtigkeit) und natürlich auch die Partnerschaft. Mein Arm schränkt mich bekanntermaßen ebenfalls ziemlich ein. Wenn ich ein paar Sport-Übungen machen, spazieren oder putzen will, oder wenn es warm ist, muss ich mir erstmal den Armstrumpf anziehen (lassen). Ist auch toll bei 30° damit durch die Stadt zu gehen – wäre man nackig, würden genauso viele Leute gucken.

Ich erwarte daher, dass nicht nur Mittel verschrieben werden, die eine Krankheit verscheuchen, sondern dass auch geschaut wird, wie die Therapie vertragen wird. Ich erwarte, dass sich ein Arzt die Mühe macht, nach Alternativen zu suchen oder zumindest etwas gegen die Nebenwirkungen zu tun, wenn das Mittel alternativlos ist. Ich erwarte ebenso, dass ich bei der Wahl von verschiedenen Alternativen mit einbezogen werde. Ich möchte, dass etwaige Bedenken ernst genommen werden – bspw als es um Paclitaxel ging. Das ist ein Standardmittel und es ist kommt vor, dass es Atemprobleme darunter gibt oder einen allergischen Schock, aber eben eher selten. Wenn man nun wie ich bereits Asthma, eine Infektion der Lunge mit einem Bakterium, eine weitere Lungenentzündung und obendrein zig Allergien und Unverträglichkeiten hat, dann erwarte ich, eben nicht nach Standard behandelt zu werden.

Allerdings muss ich sagen, dass ich es durchaus begrüße, wenn Ärzte bei nicht potentiell bedrohlichen Symptomen auch einfach mal sagen „wir warten nochmal ein paar Tage ab“ und nicht sofort die Kanonen auspacken, um auf Spatzen zu schießen. Noch besser ist es, wenn sie dann im Zweifelsfall zügig zum (anderen) Facharzt oder ins Krankenhaus überweisen, und nicht ewig rumdoktern, bis nichts mehr geht und damit ggf noch etwas verschlimmern durch Verschleppung.

Zusammenfassend erwarte ich also, eine individuelle Behandlung zu bekommen und als Partner in Sachen meiner Gesundheit behandelt zu werden – denn das bin ich. Ich bin keine Nummer, kein „Fall“ (oder wenigstens nicht nur ein Fall) sondern ein (halbwegs) intelligenter Mensch, der nicht seine Verantwortung für den eigenen Körper am Praxis- oder Krankenhauseingang abgegeben hat und das auch nicht vorhat. Und nein, das hat überhaupt nichts mit Besserwisserei oder „anderen in den Job reinreden“ zu tun. Es ist mein Körper und ich habe nur den einen. Da möchte ich dann doch mitentscheiden, was damit passiert!

Meine derzeitigen „Hauptärzte“, also Hausarzt und onkologische Gynäkologin entsprechen meinen Erwartungen. Natürlich muss man das eine oder andere selbst manchmal forcieren. Dies geht, weil man als mündiger Patient wahrgenommen wird.

Was ich bisher aus den eingangs erwähnten Berichten mitbekommen habe, geht die Ausbildung der künftigen Mediziner in die richtige Richtung. Die Patienten-Generation, die Ärzte als gottgleiche Wesen ansehen stirbt schließlich auch nach und nach aus.

Bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Studierende der Medizin dieses ebenfalls so verstehen und entsprechend ihr Verhalten danach ausrichten, damit wir auch in Zukunft gute oder sogar bessere Ärzte haben.

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