In den Medien ist öfter das Thema „arm durch Krebs“ zu finden. Und tatsächlich ist es gar nicht so selten, wie man denkt.
Zunächst einmal fällt man spätestens mit Beginn der Ersttherapie arbeitstechnisch aus. Es gibt einige seltene Exemplare unter den Patientinnen, die während der Chemo noch arbeiten. Im Nachhinein betrachtet halte ich die Machbarkeit für gar nicht so abwegig, zumindest in den Fällen, wo die Chemo zu Beginn der Therapiekette steht, gut vertragen wird und die Arbeitszeit angepasst werden kann. Über die Sinnhaftigkeit für Genesung und Psyche kann man sicherlich streiten und man sieht auch hier schon, dass finanzielle Abstriche sowieso unausweichlich sind. Der Regelfall dürfte sein, dass Patientinnen während Chemo, Bestrahlung und OP (inklusive OP Genesung) krankgeschrieben sind, desweiteren noch etwas nach der Chemo und der Bestrahlung. So war es auch bei mir. Ich war bereits vor der OP krankgeschrieben – Kopfkino sei Dank. An Arbeit war nicht zu denken. Pünktlich zu Beginn der Chemo waren dann die 6 Wochen Lohnfortzahlung auch schon rum und von da an gab es Krankengeld und das bis zum Ende der Wiedereingliederung. Ausgenommen war die Zeit der Reha. Da diese von der Rentenversicherung gezahlt wird (in den allermeisten Fällen) gibt dafür nur Übergangsgeld, was etwas niedriger ausfällt, als das Krankengeld.
Nun ist es nicht immer so wie bei mir, dass man finanziell keine weitreichenden Verpflichtungen. In den allermeisten Fällen sind die Fixkosten sehr hoch: Miete/Hauskredit, Unterhalt des Hauses und Rücklagen, Energiekosten, Mobilität Versicherungen, Kommunikation und natürlich die Kosten für Gesundheit und Lebensmittel lassen sich nicht wegdiskutieren oder kürzen. Im Übrigen sei erwähnt, dass natürlich auch ich diese Kosten habe oder hatte – allerdings entstamme ich einer Familie von Sparfüchsen und habe auch einen solchen geheiratet. Trotzdem bin ich mir dessen bewusst, dass je jünger der Krebspatient ist, desto höher die finanziellen und auch lebensqualitativen Einschränkungen sind. Viele haben eben auch Kinder (und Kinder kosten nunmal so in etwa 300-500 T€ – und das nur bis sie 18 sind) oder haben recht frisch gebaut oder gekauft. Hier ist finanziell besser dran, wer gut sparen konnte und das auch getan hat.
Auf der anderen Seite fällt es mit zunehmendem Alter schwerer, auf einen gewissen Lebensstandard zu verzichten, den man sich womöglich angewöhnt hat. Da hilft nur, die persönliche Einstellung zu überdenken und den Dingen den Wert zuzuschreiben, den sie tatsächlich haben (und mit Wert meine ich hier nicht die Euros).
Es ist klar, dass vor allem Schwierigkeiten hat, wer „nur“ so 10-20% seines verfügbaren Einkommens sparen konnte und bei den Kosten für Wohnraum sind das wohl die meisten. Hier sind keine großen Sprünge drin, wenn man mindestens ein Jahr lang mit Krankengeld auskommen muss.
Ganz blöd wird es allerdings danach. Sind 78 Wochen ab Erkrankungsbeginn rum, gibt’s – sofern man vorher entsprechend lange sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat – noch Arbeitslosengeld 1 und wenn das um ist bleibt nur noch die Rente.
Bei mir war es so, dass ich den Teil mit dem Arbeitslosengeld quasi ausgelassen habe aufgrund meines frühzeitigen Wiedereinstieg in den Beruf, der ja im Nachhinein betrachtet nicht gut war und in die Hose ging. Ich habe dann gleich Erwerbsminderungsrente beantragt.
Und an der Stelle wird es dann ganz übel. Wer mit dem Krankengeld schon schlecht über die Runden kommt und noch verhältnismäßig jung ist, bekommt nun richtig finanzielle Probleme. Zum Vergleich: meine volle Brutto(!)-Erwerbsminderungsrente liegt bei 47% meines letzten Vollzeit-Netto(!)gehalts. Nun kann ich mich tatsächlich nicht über mein Einkommen an sich im Bevölkerungsdurchschnitt beschweren – höchstens im Vergleich zu anderen, wenn man Erfahrung und Ausbildung einbezieht. Man stelle sich vor, man arbeitet in sozialen Berufen, die ja bekanntermaßen völlig zu Unrecht schlecht bezahlt werden. Menschen sind hierzulande offenbar weit weniger wert, als Maschinen, Dienstleistungen und „Dinge“. Wie soll ein Krankenpfleger, eine Erzieherin oder ein Sozialpädagoge von weniger als 50% des Nettoeinkommens auch nur annähernd überleben? Hat man hier keine zusätzliche Vorsorge, ist man sicherlich schneller Hartz4 Empfänger, als alle glauben. Fällt bei zwei Verdienern ein halbes Nettoeinkommen weg, kann schon mal ganz leicht das neu gebaute Haus weg sein, insbesondere, wenn es der Hauptverdiener ist, der ausfällt.
Vielleicht lässt es sich so etwas besser nachvollziehen, warum Krebs in den Medien oftmals als Armutsfalle bezeichnet wird.
Und vielleicht versteht nun der eine oder andere die Finanz- oder Versicherungsberater besser, die eindringlich zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung raten. Ja, dafür gibt es gut Provision. Ja, eine solche Versicherung kostet ein paar Euro. Aber die Arbeitskraft bzw das Einkommen, was dadurch erzielt wird ist die Grundlage aller weiterer Ausgaben, wie Hausrat (und dessen Versicherung), Auto (und dessen Versicherung), usw. Wenn die Arbeitskraft wegfällt, kann ich mir den Rest auch oft nicht mehr leisten. Das heißt jetzt nicht, dass man sofort eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen muss, sobald man sie sich irgendwie leisten kann, noch bevor man eine Haftpflichtversicherung oder Hausratversicherung abschließt. Es heißt aber schon, dass diese Versicherung von der Bedeutung her mindestens gleich danach abgeschlossen werden sollte und zwar, solange man noch so gesund wie möglich ist. Denn ohne Arbeit, keine Kohle und ohne Kohle hat man sonst auch nichts anderes mehr, was man versichern könnte…
In dem Zusammenhang möchte ich noch auf die Deutsche Krebshilfe hinweisen, die finanziell durch eine Krebserkrankung in Not geratene Menschen unterstützt (siehe auch hier: Härtefonds der Deutschen Krebshilfe) Eine kleine Anregung, falls ihr bei der nächsten Spende nicht wisst, wohin damit…
Und für alle, die den Cent dreimal umdrehen müssen, hier ein paar Tipps einer jungen, blogtechnisch aufstrebenden Sparfüchsin: Lebensfuchs