Aspies als „Roboter-Charaktere“

Immer öfter trifft man auf Filme über Asperger-Autisten oder -Autistinnen oder auf den „Quotenaspie“ in Serien. Das Bild, welches dabei gezeichnet wird, missfällt mir ehrlich gesagt.

Insbesondere die Darstellung der weiblichen Autisten finde ich dabei sehr stereotyp und einseitig.

In einer öffentlich-rechtlichen Arztserie gibt es die aspergerautistische Schwester eines Arztes, die wegen eines angeborenen Herzfehlers in Behandlung ist. Sie wird immer mit demselben ernsten Gesichtsausdruck dargestellt, die dieselben Abläufe und Speisen wie Zuhause erwartet, gar nicht kooperativ ist und auch sprachlich sehr auffällig.

Eine – ebenfalls öffentlich-rechtliche – Produktion jüngeren Datums waren die „Ella Schön“- Filme. Auch hier wurde die Protagonistin als unfähig empathisch zu empfinden oder zu handeln dargestellt. Auch die Konversation kommt sehr begrenzt, kühl und sachlich rüber. Sie sitzt immer kerzengerade und mit strengem Gesichtsausdruck am Tisch.

Ein Beispiel für eine meiner Meinung nach Fehlinterpretation des Aspergerautistismus im Falle eines jungen Mannes ist die Serie „The Good Doctor“. Der junge Arzt dort ist überhaupt nicht in der Lage, Sprichwörter, Sarkasmus und bildhafte Beschreibungen zu verstehen, sich notwendigen Konventionen zu stellen oder zu unterwerfen. Er hat keinerlei empathische Fähigkeiten, kein Gespür, wo sich eine Situation drauf zu bewegt oder entwickelt. Es hat offenbar auch über die Jahre des Erwachsenwerdens keinen Lerneffekt für standardisieren soziale Situationen gegeben. Er ist sehr direkt und denkt nicht über die Folgen für sein Gegenüber nach.

Natürlich kann es immer derartige krasse Fälle geben. Meine Erfahrung mit Aspies aller Altersklassen ist jedoch eine andere:

  • Man kann eine annähernd normale Unterhaltung mit allen mir bekannten Autisten führen. Smalltalk ist zwar häufig nicht das Steckenpferd unsereins‘, aber auch das ist oft gut möglich.
  • Man merkt an der Sprache nur selten, dass es sich um einen Aspie handelt.
  • Alle Autisten, die ich kenne, haben Humor und lachen oft und gerne!
  • Viele Autisten nehmen nicht Gefühle anderer Menschen gar nicht wahr, sondern bemerken bereits kleinste Schwingungen, lange bevor es andere tun. Das heißt es fehlt hier nicht die Antenne, sondern es sind zig Antennen zeitgleich da, die aus unterschiedlichsten Richtungen empfangen. Hier ist nun die Zuordnung dieser ganz Eindrücke das Problem.
  • Auch übliche Begrüßungsrituale, wie Hände schütteln beherrschen viele Aspies. Zumindest diejenigen, die als Kind dies konsequent beigebracht bekamen. Meist also diejenigen, die erst als Erwachsene diagnostiziert wurden (bei autistischen Kindern habe ich oft den Eindruck, dass vieles aus falscher Rücksichtnahme gar nicht erst verlangt wird – aber das ist vielleicht mal einen eigenen Blogbeitrag wert). Allerdings gehört Körperkontakt und Hand geben bei einigen Aspies zu derart unangenehmen Dingen, dass sie es vermeiden oder ablehnen.
  • Nicht alle Aspies mögen keinen Körperkontakt, bzw. nicht komplett von allen Menschen (wie ja bei neurotypischen Menschen auch). So gibt es durchaus viele, die als Kind und Jugendliche viel mit den Eltern kuscheln wollen, während andere schon als Baby lieber weniger Körperkontakt hatten, durchaus aber Gesellschaft wollten (ich zum Beispiel). Insgesamt ist es jedoch so, wie bei neurotypischen Menschen auch – auch ein Aspie braucht körperliche Nähe, weiß aber oft nicht, wie er das anstellen soll und wie man sich verhalten soll. Große Menschenmengen mit zufälligen Berührungen mögen auch viele Menschen nicht – ob Aspie oder nicht. Und ich gehe auch eher davon aus, dass das Unvorhersehbare an der Stelle der Klemmer ist und die sich womöglich ergebende soziale Interaktion (entschuldigen).

Das waren jetzt nur ein paar Beispiele von beiden Seiten. Was ich damit ausdrücken will ist, dass Asperger-Autisten oder Menschen aus dem Autismusspektrum, zumeist auf direkte Art, fehlenden Blickkontakt und – für mich gar nicht nachvollziehbar – auf versteinerte gleichförmige Gesichtsausdrücke reduziert werden und dass diese Darstellung das Verständnis in der breiten Bevölkerung überhaupt nicht fördert. Ich bin, ebenso wie viele andere, nicht glücklich mit dem Bild und dieser verzerrten Wahrnehmung.

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