Natürlich hat man auch Freizeit, wenn man mitsamt seinem Schalentier (oder dessen möglichen Überbleibseln) auf dem heimischen Sofa liegt.
Es gibt Leute, die arbeiten trotz allem – vielleicht, um sich abzulenken. Ich persönlich halte da nicht so viel von. Mit der Erkrankung, dem was ggf. dazu führte und dem, was kommt muss man sich ohnehin früher oder später beschäftigen. Die Augen davor zu verschließen nutzt nichts. Aber natürlich bewältigt dies jeder in seinem eigenen Tempo.
Die Zeit von Diagnose bis zur OP war ich körperlich fit und es fielen nur 2 Arzttermine an. Zwischen Krankenhausentlassung und Chemobeginn hatte ich allerdings in 22 Tage ca. 3 Arztterminen, 1 OP Vorbesprechung und die Port-Anlage-OP. Dazu mussten ein paar Dinge organisiert werden, Termine für die Lymphdrainagen und Krankengymnastik, Papierkram mit der Krankenkasse, Taxiunternehmen für die Chemo Fahrten, usw.
Über die Zeit zwischen Diagnose und OP hatte ich ja bereits berichtet.
Nach der OP war ich etwas eingeschränkt in der Bewegung. Die Narbe ist gute 20cm lang, es wurde auch die Faszie des Brustmuskels entfernt und natürlich die axillären Lymphknoten entfernt – offenbar quasi „ausgekratzt“. Daher war die Muskulatur und das heilende Gewebe wenig über Bewegung amüsiert. Es fühlte sich beim Abspreizen des Oberarmes vom Oberkörper anfangs bereits bei 1cm an, als würde der Brustmuskel anfangen zu krampfen. Zusätzlich zu den erwähnten Terminen war also nicht allzuviel zu machen. Am Tag der Port-OP waren wir abends auf dem 40. Geburtstag meines besten Freundes. Ich war sehr flügellahm, da durch die Portanlage auch die Bewegung des linken Arms Schmerzen verursachte. Für die kommenden zwei Wochen konnte ich also beide Arme nicht wirklich heben. Deshalb brauchte ich noch neue Klamotten, die gut anzuziehen waren und auch gut für die Chemo geeignet waren, sprich Hemden/Blusen. Außerdem war ich beim Frisör und trennte mich von den langen Haaren. Am Wochenende vor der 1. Chemo stand dann eine Familienfeier an.
Ab der Chemo hatte ich dann regelmäßig Blutabnahmen, Lymphdrainage und Krankengymnastik und einmal in der Woche „Onkofit“. Da meine Chemo am 30.8. startete, hatte ich also die Erkältungswellen- und Grippezeiten zu überstehen. Das hieß für mich persönlich, dass ich mit fortschreitendem Kalender und fortschreitender Chemo nach und nach größere Menschenansammlungen und insbesondere kleine Kinder mied. Unsere Hochzeit haben wir ja mit 6 Gästen sehr klein gehalten. Die Hochzeit hat dann auch noch kleinere Vorbereitungen benötigt, sodass die Zeit schnell verging. Außerdem waren wir am zweiten Wochenende nach der ersten Chemo 2 Tage im Harz. Ich war fit und die Blutwerte waren gut.
Zum Einkaufen war ich bis auf ganz wenige Ausnahmen immer mit, hielt mich aber eher im Hintergrund und ließ meinen Mann machen. Aber so kam man mal raus. Drinnen habe ich gekocht, gebacken, mit Häkeln angefangen und in Erwachsenen Malbüchern gemalt. Diverse Puzzle wurden zusammengesetzt und ich habe mein kognitiver Training mittels einer App gemacht. Manchmal vielleicht sogar etwas zu viel.
Zwischen Weihnachten und Neujahr waren wir für drei Tage in Wittenberg. 7 Wochen Chemo waren danach noch zu bewältigen. Da war ich dann aber mehr auf dem Sofa – in der Länge liegt die Last…
Das Chemoende wurde beim Italiener gefeiert und 10 Tage nach dem Ende der Chemo ging es für 1 Woche nach Cuxhaven. Das war herrlich! Wie überhaupt alle Kurzurlaube. Ich fühlte mich auch nach und nach viel besser.
Die Bestrahlungszeit ging im Anschluss los – hier hatte ich nichts geplant, da man ja im Vorfeld nicht wusste, wie sehr die Haut Probleme macht und inwiefern man dann unterwegs sein mag. Es war allerdings auch Ostern in der Zeit und 2 Geburtstage – Langeweile kam also nicht auf. Auch wegen der täglichen Bestrahlungstermine nicht. Und: der Arztmarathon begann. Zum Hautkrebsscreening, zum Kardiologen, zur Knochendichtemessung, usw… Gegen Ende der Bestrahlungszeit war schon die Reha-Planung im Gange. Es war Frühjahr, die ganzen Feiertage und schönes Wetter war angesagt.
Parallel dazu habe ich schon den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben geplant. Wenn alles um einen herum zeitgleich mit dem eigenen Körper wieder in Schwung kommt, fühlt man sich derart motiviert – da wäre es gut, wenn die Ärzte den Mut hätten einen zu bremsen. Oder zumindest die Kräfte umzulenken – im Nachhinein hätte ich mir das gewünscht.
Insgesamt war es wie mit allem:
- Alles hat gute und schlechte Seiten.
- Der unangenehme Teil fühlt sich währenddessen ziemlich zäh und langwierig an und man denkt, das geht gar nicht vorbei.
- Im Nachhinein war es dann alles recht zügig rum.
Tipp für alle, die noch mittendrin sind:
Langeweile muss nicht aufkommen. Man sollte sich was zu tun suchen, die Zeit nutzen und vielleicht auch Neues ausprobieren. Es hat sich auch bewährt, die grauen Zellen zu trainieren – das Chemobrain lässt grüßen. Frische Luft und Bewegung hilft ebenso, sich insgesamt besser zu fühlen.
Es ist also nicht viel anders, als wenn man gesund ist – man muss den Schweinehund in die Schranken weisen und seinem Körper bewusst was Gutes tun (und das heißt nunmal, ihn zu „benutzen“ und nicht ihn „wegziehen“)…