Die Antihormontherapie

Am Tag meiner letzten Bestrahlung startete der Teil meiner Therapie,

vor der ich im Vorfeld den größten Respekt hatte, die Antihormontherapie.

Vermutlich wundern sich nun einige, vielleicht sogar viele.

„OP, Gift, Strahlen – das ist doch alles viel schlimmer!“ Wenn man jedoch einschlägige Foren durchstöbert, wie ich es getan habe, findet man aber doch so einiges über die Folgen bzw Nebenwirkungen der Antihormontherapie. Wenn man dann noch die Beipackzettel der Medikamente liest, die man bekommt, ist die Laune gleich ganz schlecht. Und das ganze Spielchen läuft mindestens 10 Jahre! Da sind so’ne „läppische“ OP, eine 6 Monate dauernde Chemo und 28 Bestrahlungen ja eher ein Fliegenschiss gegen. Chemo und Bestrahlung hatten eher einen „für den Fall der Fälle“-Charakter, also falls da noch irgendwo was ist. Die OP – „simple“ Chirurgie und „Mechanik“ (ok, abgesehen von den Lymphknoten, das ist auch ein mistiges Thema, aber dazu ein anderes Mal).

Hormone jedoch sind ein echtes Teufelszeug. Insbesondere Eltern mit pubertierenden Kindern werden das wissen. Oder Partner von schwangeren Frauen. Hormone steuern so viel im Körper und sind gemessen an dem, was sie anrichten vergleichsweise wenig erforscht.

Mein Tumor „ernährte“ sich also von ihnen – Östrogen und Progesteron. Zu 90% sogar. Es liegt also nahe, dem Körper von diesen Hormonen möglichst wenig zuzuführen, für den Fall das irgendwo im Körper noch „Schläferzellen“ sind. Im Körper werden diese Hormone hauptsächlich von den Eierstöcken gebildet. Es liegt daher nahe, diese an ihrer Arbeit zu hindern. Dies wird seit nunmehr fast 2 Jahren durch Spritzen mit dem Wirkstoff Leuprorelin erreicht, die ich alle 3 Monate ins Fettgewebe am Bauch (als Depot in einer gelartigen Form) bekomme. Wieder mal nichts für Leute mit Nadelphobie und dem starken Schmerzgefühl bei Einstichen. Meine Betäubungscreme hilft zumindest gegen letzteres. Das Zeug selbst brennt leider ziemlich und oft tut es rund um die 2-3 cm, die die Nadel im Gewebe war, tagelang so weh, dass ich nur bestimmte Hosen tragen und mir nicht die Schuhe zumachen kann.

Die andere Stelle, wo Hormone gebildet werden, ist das Fettgewebe. Hier ist es sicherlich gut, möglichst wenig davon zu haben oder zumindest nicht zu viel. Leider nehmen wir auch über die Nahrung Hormone auf – einschlägig in diesem Zusammenhang bekannt sind sicherlich Fleisch (von Säugetieren) und Milch. Ich esse daher nur noch sehr sehr wenig „rotes“ Fleisch, also Säugetier, sondern wenn Fleisch, dann Geflügel (aller Art). Milch wird im Wechsel mit Hafer- oder Mandelmilch genommen. Joghurt und Quark etc lasse ich mir nicht nehmen, versuche da aber auch etwas drauf zu achten, dass es zumindest nicht dauerhaft so viel davon gibt. Übrigens sind Sojaprodukte keine Alternative, da Soja dem Östrogen ähnliche Stoffe enthält.

Um das „Andocken“ der unvermeidlichen Hormone, die also doch in uns herum schwirren, zu vermeiden, gibt es täglich eine Tablette mit 20mg ‚Tamoxifen‘.

Die Nebenwirkungen der Medikamente und die der durch sie verursachen Wechseljahre verschwimmen sicherlich, aber auch die Wechseljahre sind natürlich weder angenehm noch gesundheitsfördernd, wenn sie 15-20 Jahre zu früh kommen.

Mal ein paar Highlights der Nebenwirkungen:

  • Erhöhtes Risiko für Gebärmutterhalskrebs
  • Erhöhtes Thromboserisiko
  • Erhöhtes Osteoporose Risiko
  • Erhöhtes Risiko für grauen Star
  • Erhöhtes Risiko für Netzhautablösungen
  • Erhöhtes Risiko für Depressionen
  • Knochenschmerzen
  • Gelenkschmerzen
  • Trockene Schleimhäute aller Art
  • Trockene Haut
  • Dünne, manchmal ausfallende Haare
  • Gewichtszunahme
  • Langsamerer Stoffwechsel
  • Schlafstörungen
  • Müdigkeit /Abgeschlagenheit
  • Hitzewallungen
  • Stimmungsschwankungen

Die Liste könnten andere bestimmt noch fortsetzen. Bis auf dauerhafte Knochen- und Gelenkschmerzen und größere Haarprobleme trifft auch alles davon auf mich zu. Das ist der Preis des Überlebens…

Allerdings überlegen wir, meine Ärztin und ich, derzeit gemeinsam, ob im Sinne der langfristigen Risikosenkung nicht eine Entnahme der Eierstöcke die sinnvollste Lösung ist. Das Tamoxifen sollte ich ohnehin am besten über die im Standard empfohlenen 10 Jahre hinaus nehmen. Das ist beides eigentlichen auch mein Ansinnen. Wenn man sich überlegt, dass ich gerade so 49 sein werde, wenn die 10 Jahre um sind, wird meine ganze Hormonmaschinerie dann wieder anspringen (und lt. meiner Ärztin durch die lange Schlafenszeit auch entsprechend länger laufen). Das heißt dann wieder: Futter für etwaige Krebszellen, es heißt wieder eine Hormonumstellung und später – falls man das lange genug überlebt – noch einmal Wechseljahre.

Natürlich würde sich meine Knochendichte freuen, meine Gelenke und evtl die Haut auch. Mein Zahnfleisch wohl eher nicht, denn das reagiert äußerst sensibel auf Hormonveränderungen. Und ob ich selbst da nochmal durch will – ich denke nicht.

Dass die Antihormontherapie aufgrund der vielfältigen Auswirkungen und der Dauer damit das schwierigste Therapiekapitel ist, hat sich auch für mich damit bewahrheitet.

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