„Mein“ Autismus heute

Autismus reicht in viele Lebensbereiche hinein. Ich habe es ein bisschen versucht zu kategorisieren. Vielleicht ist das auch so ein Aspie-Ding, aber ich halte es so einfach für übersichtlicher.

Möglicherweise fallen mir nach und nach noch mehr Punkte ein. Das werdet ihr am Bearbeitungsstand sehen können (hoffe ich):

Essen

  • Nichts mit Pelle/Haut oder Stückchen und Fetzen, also Äpfel, Birnen, Nektarinen, etc nur geschält bzw gepellt,
  • Saft nur ohne Fruchtfleisch, Pudding nur ohne Haut
  • eingelegte Gurken nur in klein und ohne Enden
  • Würstchen nur in zarter Eugenhaut

Motorik

  • Manche Knöpfe machen mir Probleme
  • Reißverschlüsse manchmal auch (das einfädeln unten)
  • Allgemein habe ich eher 2 linke Hände
  • Generell kann man sagen, die Feinmotorik ist hauptsächlich das Problem.
  • Tanzen bzw generell komplexe Bewegungen mit verschiedenen Körperteilen gleichzeitig, wie manchmal auch beim Sport, dauern sehr lange, bis ich sie hinbekomme.
  • Sowas wie „Haare machen“, Schminken, basteln usw. (eben stereotypischer „Mädchenkram“) ist daher nichts für mich

Körperwahrnehmung

  • Ich nehme Schmerzen allgemein stärker wahr, als normal, aber nicht jede Art. Am schlimmsten sind Einstiche, was Blutabnahme, Spritzen, Nähen etc schwierig macht. Betäubungsmittel baue ich entweder sehr schnell ab, oder die Wahrnehmung ist so intensiv, dass die immer nur kurz wirken. Bei mir muss man eigentlich immer nachspritzen.
  • Ich kann ziemlich genau angeben, wo exakt im Körper was im Argen ist, bzw wo genau (z.B. Dickdarm, Dünndarm, ich höre manchmal das Blut zirkulieren, usw)
  • Auf der anderen Seite kann ich durch diese gute Wahrnehmung auch gezielt Körperteile locker lassen, wo viele neurotypische Menschen Schwierigkeiten haben.

Sensorische Überempfindlichkeit

  • Letztlich sind ja die Abschnitte „Essen“ und „Körperwahrnehmung“ auch in diesem Bereich einzuordnen, aber es gibt noch mehr…
  • Wenn ich flüstern höre, tut es im Kopf/in den Ohren weh. Dies gilt übrigens auch für Fernsehwerbung, wo jemand flüstert, wenngleich es natürlich von der Lautstärke normal ist.
  • Sehr laute Geräusche kann ich gar nicht ab, insbesondere, wenn hohe Frequenzen mitschwingen. Auch dies ist wie ein Stechen im Kopf.
  • Schmatzen macht mich wahnsinnig und auch alles, was in die Richtung geht (z.B. wenn jemand versucht, sich was mit der Zunge oder durch Unterdruck aus den Zähnen zu friemeln oder wenn jemand eine Brezel isst und dann im Mund „einspeichelt“, also wenn man das Essen hört). Wahnsinnig heißt auch hier, ich nehme es als zwicken im Ohr war, manchmal auch wie ein Jucken, teilweise im Kopf, und mir ist auch schon übel davon geworden.
  • Summende Lampen usw nerven mich vermutlich nicht mehr, als andere. Sie nerven und können die Konzentration erschweren. Mehr nicht. Es sei denn, es sind noch viele andere Punkte vorhanden.
  • Geräusche wie schnarchen oder ähnliches sind kein Problem, wenn es absolut gleichmäßig und rhythmisch ist. Dabei kann ich dann auch einschlafen.
  • Mein Geruchssinn ist sehr ausgeprägt, was ebenfalls Probleme mit sich bringt.
  • Biomüll rausbringen ist quasi unmöglich. Allerdings auch mit Nasenklammer nicht, weil es offenbar eine Verknüpfung zwischen dem visuellen Eindruck und dem gespeicherten Geruch gibt. Ich muss mich dann einfach übergeben…
  • Windeln wechseln ebenso. Oder auch nur der Besuch öffentlicher Toiletten mit viel Andrang. Ich rieche es auch, wenn kurz vor mir jemand auf einem Klo war, selbst wenn ich demjenigen gar nicht begegnet bin.
  • Der Geruch reifer oder – noch schlimmer – überreifer Bananen erzeugt sofortige Übelkeit bis hin zum Brechreiz. Ist total toll in Großraumbüros oder in der Bahn 😐
  • Aufgrund der starken Geruchswahrnehmung konnte ich unsere Kaninchen nicht sauber machen. Köttel aufsammeln – auch mit bloßer Hand kein Thema (sind ja hart und trocken), aber der Pipigeruch… Auch da war ich am Würgen.
  • Wenn es lange sehr hell ist, bin ich schneller gestresst, z.B. an sonnigen Tagen den ganzen Tag draußen – das geht nicht lange gut.

Sozialverhalten

  • Leute anrufen, die ich nicht kenne, einfach wenn man etwas spezielles will, klappt nicht. Ich habe da kein Bild für im Kopf. Also bei ner Versicherung oder so – kein Problem. Ich habe selbst mal in einer gearbeitet, wie auch bei einer Bank. Callcenter gehen auch. Da habe ich eine Vorstellung im Kopf, weiß, dass die Leute dort tatsächlich quasi auf einen Anruf warten.
  • Leute, die ich kenne, bei denen ich aber noch nie Zuhause war, kann ich auch nicht anrufen.
  • Ärzte anrufen geht inzwischen etwas besser, weil ich ja nun leider genug Bilder im Kopf sammeln konnte.
  • Alleine irgendwo hingehen, wo ich noch nie war, geht auch nicht. Ich habe mittlerweile einige Kurse (Musik, Volkshochschule, etc pp) bezahlt, ohne teilzunehmen, weil ich mich nicht hingetraut habe. Ich brauche immer jemanden dabei, den ich kenne.
  • Ich brauche für alles einen Plan. Morgens stehe ich nicht auf, bevor ich nicht alles, was anliegt, im Kopf durchgegangen bin. Genauso für andere wichtige Dinge, z.B. wann mein Stiefsohn zu uns kommt, wann wir in den Garten gehen, usw. Kommen ungeplante und unvorhersehbare Dinge dazwischen, die den Plan stark beeinflussen, „sprudel ich über“. Von heulen, über Lethargie, Magen-Darm-Probleme, Wutanfälle… Je nachdem, was ich bereits für Bilder in meinem Kopf hatte und mich eingestellt habe. Meltdown nennt man das. Auch das andere bereits geplante bricht dann oft wie ein Kartenhaus zusammen, auch wenn dies gar nicht davon betroffen ist. Das Kartenhaus passt auf jeden Fall dazu…
  • Echte Spontanität gibt es nicht bei mir. Wenn ich spontan was mache, dann meist, weil mir noch nichts anderes zu tun eingefallen ist, worauf ich Lust habe.
  • Ich fahre nur ungern mit jemandem irgendwo hin, weil ich dann nicht die Möglichkeit habe, zu gehen, wann ich möchte. Das eigene Auto vor der Tür ist mein Anker, sozusagen.
  • So richtig Smalltalk mag ich nicht. Ein kurzer Plausch oder scherzen geht auch mit Fremden, das kommt auf die Situation an. Aber Smalltalk um des Smalltalk Willens ist absolut nicht meins.
  • Wenn ich viel unter Menschen bin, bin ich schnell erschöpft. Das liegt daran, dass ich soziale Situationen nicht wie neurotypische Menschen intuitiv meistere, Signale von anderen einfach erkenne, nein, mein Gehirn musste dies alles erst lernen und geht immer noch das gelernte einzeln durch, bewertet, überlegt sich Reaktionen meinerseits… Das alles geht mittlerweile recht zügig, aber in gesellschaftlichen Kontexten braucht mein Gehirn einen Großteil der Kapazität dafür und hat dadurch weniger Möglichkeiten, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Das ist sehr ermüdend und führt dazu, dass ich beispielsweise den Tag nach größeren Familienfeiern frei nehmen muss um wieder runter zu kommen. An solchen Tagen bin ich wenig genießbar. Es ist einfach eine Reizüberflutung.

Sonstiges

  • Ich mag es gerne symmetrisch. Oder zumindest gleichmäßig. Und wenn irgendwo etwas schief steht/liegt, der Tisch nicht bündig zum Nachbartisch steht, etc dann kann das ein Problem werden, wenn auch noch andere Reize mich beschäftigen.
  • Generell: je mehr zusammen kommt, desto eher werden Dinge zum Problem.
  • Ich puzzle gerne.
  • Ordnungen sollten ein System haben.
  • Ich schreibe für alles Listen.
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